Dienstag, 17. Februar 2015

Flüchtlingswelle aus dem Kosovo

Mit welchen Versprechen Kosovaren nach Deutschland gelockt werden

Offenbar werden Kosovaren gezielt mit falschen Versprechen nach Deutschland gelockt. Bayerns Europaministerin Beate Merk (CSU) klärte nun vor Ort auf. Von Uli Bachmeier

Um den massenhaften Exodus aus dem Kosovo zu stoppen, haben sich Bayerns Europaministerin Beate Merk (CSU) und der Premierminister Kosovos, Isa Mustafa, gestern in Pristina über gemeinsame Sofortmaßnahmen verständigt. Wichtigster erster Schritt ist eine Aufklärungskampagne.
Wir wollen den Menschen gemeinsam klar machen, dass sie in Deutschland keine Aussicht auf Asyl haben und nur viel Geld an Schleuser verschwenden, wenn sie versuchen, zu uns zu kommen“, sagte Merk. Ein Angebot des Innenministeriums in Pristina, diese Botschaft öffentlichkeitswirksam im kosovarischen TV zu verbreiten, nahm die Europaministerin sofort an.

Kaum ein Flüchtling aus dem Kosovo erhält Asyl

Tatsächlich liegt die Aussicht, als Kosovare in Deutschland politisches Asyl zu bekom-
men, praktisch bei Null und die Quote derer, denen aus humanitären Gründen – in der Regel wegen Krankheit – ein einstweiliges Bleiberecht zugebilligt wird, ist nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge mittlerweile auf etwa 0,3 Prozent gesunken. Dies ist, wie gestern bei den Gesprächen Merks mit der Regierung des Kosovo mehrfach betont wurde, den meisten Menschen, die sich aus „dem Armenhaus Europas“ auf den Weg nach Deutschland machen, nicht bewusst.

Grund dafür, sagen Regierungsvertreter, seien kursierende Gerüchte und Falschinforma-
tionen, dass es in Deutschland für Zuwanderer Begrüßungsgeld, Wohnung und Arbeit gebe. Die Menschen zahlten, gemessen am Durchschnittseinkommen von 300 Euro, oft drei Monatsgehälter, um nach Deutschland zu kommen. Nicht selten verkaufen sie Hab und Gut und nehmen ihre Kinder aus der Schule.

Premierminister Mustafa bedauert die Entwicklung

Premierminister Mustafa sagte in dem Gespräch mit Merk: „Wir bedauern es sehr, dass es so weit gekommen ist, dass eine so große Zahl unserer Bürger auf diese Weise in Ihr Land kommt.“ Er betonte, dass der Kosovo zwar große wirtschaftliche Probleme habe und die Arbeitslosigkeit hoch sei. Gründe, anderswo in der Europäischen Union politi-
sches Asyl zu beantragen, gebe es aber nicht.

Wir sind der Meinung, dass das Kosovo ein sicheres Land ist für seine Bürger“, sagte Mustafa und dankte Merk ausdrücklich dafür, dass Asylverfahren von Kosovaren jetzt beschleunigt werden und sein Land wie andere „sichere Herkunftsländer“ behandelt werde. Auch die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen begrüßte Mustafa. Gleichzei-
tig sicherte er zu, dass auch seine Regierung alles tun werde, um den Exodus zu stoppen.

Vertreter des Innenministeriums in Pristina meldeten im Kampf gegen illegale Schleuser bereits erste Erfolge. Es habe eine Reihe von Festnahmen gegeben. Busunternehmer würden mittlerweile streng kontrolliert, ob sie mit Schleusern gemeinsame Sache machen. Und auch sonst würden, wie der Vertreter des Innenministers, Shkodran Manaj, versicherte, alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um den Exodus zu stoppen. Merk ist die erste deutsche Politikerin, die nach der Zuspitzung der Krise in den Kosovo gereist ist. 

Quelle: www.augsburger-allgemeine.de 

Dienstag, 10. Februar 2015

Tsipras fordert Reparationen von Deutschland

Die Zeit für Reparationen ist vorbei 


Immer noch wird Deutschland mit Reparationsforderungen kon-
frontiert – wie jüngst aus Griechenland. Auch aus Italien und Polen, sogar aus den Vereinigten Staaten gab es Forderungen.


Auch bald siebzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird Deutschland immer wieder mit Reparationsforderungen konfrontiert. Nicht nur aus Griechenland; es gab Forderungen aus Italien und Polen, sogar aus den Vereinigten Staaten während der Zwangs-
arbeiterdebatte. Die Bundesregierung hat solche Forderungen bisher stets zurückgewiesen. Nachdem das Athener Goethe-Institut 2001 wegen angeblicher Forderungen aufgrund eines deutschen Kriegs-
verbrechens gepfändet worden war, sprach die deutsche Regierung von einem „deutlichen Rechtsbruch“. Mehrfach machte sie klar, dass die Reparationsfrage fünfzig Jahre nach Kriegsende „ihre Berechti-
gung verloren“ habe.
Tatsächlich kam es nach dem Ende des Ost-West-Konflikts zu einer „abschließenden Regelung in Bezug auf Deutschland“, dem Zwei-
plus-vier-Vertrag. Die Bezeichnung „Friedensvertrag“ vermied man, um nicht eine neue Reparationsdebatte zu entfachen. Doch sollte der Vertrag einen Schlusspunkt setzen und Deutschland (also die Bun-
desrepublik, die DDR und Berlin) in die Souveränität entlassen. Reparationsforderungen – etwa durch den polnischen Staat – hätten spätestens zu diesem Zeitpunkt geltend gemacht werden müssen.

Durch bisherige Leistungen abgegolten?

Selbst wer anderer Auffassung ist, muss sich fragen lassen, ob nicht etwaige Forderungen gegenüber Deutschland durch bisherige Leistungen bereits erfüllt wären. Zudem hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag vor zwei Jahren mit Blick auf Italien entschieden, dass Deutschland nicht vor ausländischen Gerichten wegen NS-Verbrechen verklagt werden darf. Italien, das deutsches Eigentum schon pfänden ließ, habe seine Pflicht verletzt, Deutsch-
lands Immunität zu respektieren. Berlin ist demnach nicht zur Zah-
lung von Wiedergutmachung an einzelne Opfer oder Angehörige von Opfern deutscher Kriegsverbrechen verpflichtet. Die dazu in Italien gefällten Urteile verstoßen gegen das Völkerrecht.

Tatsächlich hatte Italien schon 1947 auf Reparationen verzichtet, 1961 zahlte Berlin gleichwohl 40 Millionen Mark Entschädigung. Im Jahr 2008 hatte sich Berlin in Abstimmung mit der italienischen Regierung zur Anrufung des Internationalen Gerichtshofs entschlos-
sen. Der befand nun, Italien hätte Klagen von Privatpersonen gegen Deutschland vor italienischen Gerichten gar nicht zulassen dürfen. Auch die Beschlagnahmung deutschen Eigentums in Italien verstoße gegen Völkerrecht, so die Richter. Italien müsse dafür sorgen, dass entsprechende Urteile nicht vollstreckt würden. Auch habe Rom den Grundsatz der Immunität verletzt, indem es in Italien Entscheidungen griechischer Gerichte für vollstreckbar erklärte, die sich auf deutsche Kriegsverbrechen in Griechenland bezogen.

Deutschland kann künftige Klagen nicht unterbinden

Deutschland wiederum scheiterte in Den Haag mit dem Versuch, solche Klagen wie die Italiens für die Zukunft zu unterbinden. Ein Gericht in Rom etwa hatte neun Familien von Opfern eines 1944 verübten Massakers das Recht auf Entschädigungen zugesprochen. Es ging um die Ermordung von mehr als 200 Menschen. Verhand-
lungen sind weiterhin möglich, doch die Zeit für Reparationen ist vorbei.
Auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte waren Nachkommen der Opfer eines Massakers der Waffen-SS im griechi-
schen Distomo von 1944 gescheitert. Der Menschenrechtsgerichts-
hof hob 2011 hervor, dass die Menschenrechtskonvention den Mitgliedstaaten keine Verpflichtung auferlege, Wiedergutmachung für Schäden zu leisten, die ihre Vorgängerstaaten verursacht hätten. In diesem Fall seien die deutschen Gerichte zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kläger keinen Anspruch auf Entschädigung hätten.
Die Straßburger Richter befanden, dass die deutschen Gerichte nationales und internationales Recht nicht willkürlich angewendet hätten. Die Beschwerdeführer hätten keine „berechtigte Erwartung“ haben können, für den erlittenen Schaden entschädigt zu werden. Es gibt somit weder individuell noch von Seiten der Staaten noch Raum für Reparationsforderungen.

09.02.2015, von Reinhard Müller


Quelle: FAZ.NET