Montag, 1. Dezember 2014

Einmal Soli, immer Soli

Als die Bundesregierung 1991 den Solidaritätszuschlag einführte, sollte dies nur für ein Jahr sein. Heute zahlen Bürger und Unternehmen den Soli noch immer. Die Zu-
satzabgabe bringt dem Bund jährlich Milliarden. Viele Steuerzahler fordern daher, den Soli abzuschaffen.

Es geht um Milliarden, die nach der Wiedervereinigung für den Osten bestimmt waren und heute dort höchstens noch zur Hälfte ankommen. Muss der Staat das Geld jetzt dem Westen geben? Dass diese TV-Debatte bei Jauch spannend bleibt, liegt auch an drei hitzköpfigen Gästen.

Sagt die Frau zu ihrem Mann: „Hier sieht es aus wie in der DDR.“ Sagt der Mann: „Wir sind ja auch im Westen.“ Haben Sie gelacht? Nein? Dann wohnen Sie vermutlich in Bochum oder Bremen. Dort regnet es in Schulen hi-
nein, sind Brücken schwach und Straßen schlecht.
Dort, also im Westen Deutschlands, werden die Leute zunehmend sauer. Weil der Solidaritätszuschlag, einge-
führt nach der Wiedervereinigung, keine Frist mehr kennt. Während der Solidarpakt, bislang ein 232 Milliarden schweres Paket, 2019 enden wird, kennt der Soli kein Ende.
Der Staat freut sich. Und der Bürger? Wird betrogen. Das ergibt die TV-Diskussion bei „Günther Jauch“. Der aktu-
elle FOCUS fragt deshalb auch: „Wer hilft endlich dem Westen?“

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) warnt davor, den Soli-
daritätszuschlag in die Einkommensteuer zu integrieren. „Der Soli muss weg und darf die Bürger auch nicht über Umwege belasten“, sagt BdSt-Präsident Reiner Holz-
nagel. „Es wäre eine Mogelpackung, die Bürger beim Soli zu entlasten und dann über die Einkommen- und Körper-
schaftsteuer wieder zuzuschlagen.“ Damit würde die Er-
gänzungsabgabe dauerhafter Bestandteil des Steuer-
tarifs. Ausgerechnet Bürgern mit kleineren Einkommen drohen dann höhere Belastungen.

Für "Stern"-Journalist Hans-Ulrich Jörges ist der Soli nicht weniger als eine "Begründungslüge". Schon jetzt werde nur die Hälfte des Aufkommens aus dem Soli für den Osten genutzt. Da könne die andere Hälfte doch schon jetzt in die Brückensanierung gesteckt werden.

Doch tatsächlich gehe es doch darum, das Geld für die ab dem Jahr 2020 greifende Schuldenbremse in der Hinterhand zu haben. "Damit werden dann Löcher ge-
stopft." So zahle dann der Steuerzahler die Schulden-
bremse des Staates. Und Holznagel kritisierte, es gebe ja überhaupt keinen Plan für die Verwendung des Geldes. "Am Ende wird das Geld in einem großen Topf ver-
sickern."


Egal wie hoch die Steuereinnahmen auch sein mögen – eine Abgabe, die der Staat einmal eingeführt hat, gibt er wohl nicht mehr her. In seltener Einigkeit sprachen sich Bayerns Finanzminister Söder und NRW-Ministerpräsi-
dentin Kraft für die Beibehaltung des Solis aus. Aus Sicht der Steuerzahler ist das mehr als ärgerlich. Schließlich sind sie es, die das Milliarden-Aufkommen erwirtschaften.



Die Sendung vom Sonntagabend.
30.11.2014 21:45 Uhr

Montag, 24. November 2014

Haltungsschäden - Smartphone-Nacken

Der Blick aufs Smartphone wiegt schwer 

Täglich eine Stunde lassen wir den Kopf hängen, um auf unsere Handys und Tablets zu starren. Auf unsere Halswirbelsäule wirkt dabei so viel Kraft, als trügen wir ein siebenjähriges Kind im Nacken.
Jahrtausende der Evolution hat es gedauert, bis wir endlich aufrecht standen. Unsere gesamte Anatomie ist heute auf einen anmutig geraden Gang gepolt: Unsere Muskeln, jeder Knochen und alle Gelenke helfen uns dabei. Seit Anbeginn der Smartphone-Ära scheinen wir uns jedoch schleichend zurück zu entwickeln, hin zu jenen Ahnen, die noch mit gebeugtem Haupt und dickem Nacken Mammuts erlegten. Für diese scheinbare Regression hat sich der Begriff "Generation Kopf unten" oder auch "Head-down Generation" eingebürgert. Er beschreibt das Phänomen, dass immer mehr Menschen nur noch mit dem Blick nach unten anzutreffen sind, weil sie auf ihren Endgeräten unablässig Nachrichten tippen, im Netz surfen oder ihre neusten Selfies durch Farbfilter jagen müssen.

Experten warnen nicht erst seit gestern vorm "Handy-Nacken", jenen gesundheitlichen Folgen des notorischen Head-Down-Syndroms. Die Überdehnung des Halsmuskels kann zu Nackenschmerzen und -verspannungen sowie Kopfschmerzen führen, sind sich Mediziner einig. Auch Kenneth Hansraj, Chef-Chirurg am New Yorker Klinikum für Wirbelsäulenchirurgie und Rehabilitation, beobachtet eine Zu-
nahme von haltungsbedingten Problemen, die er auf den Gebrauch von Handys zurückführt. Seine Studie, die im Fachblatt "Surgical Technology International" erschienen ist, zeigt: Blicken wir aufs Display herab, so wirkt eine bis zu sechsmal stärkere Kraft auf un-
sere Halswirbelsäule als bei einer neutralen Kopfhaltung.

Minimale Neigung verdoppelt das Gewicht

Beugen wir unseren Kopf nach unten, belasten wir unsere Nacken- und die obere Rückenmuskulatur. In dieser angespannten Position verharren wir mitunter recht ausdauernd: In Deutschland liegt die tägliche Smartphone-Nutzung bei etwa einer bis anderthalb Stunden. Der Kopf eines Erwachsenen wiegt in aufrechter Position etwa vier bis sechs Kilo. Je stärker wir unseren Kopf nach vorne oder hinten neigen, desto schwerer wird er, weil die Schwerkraft an ihm zieht. Schon wenn wir den Kopf in einem 15 Grad Winkel senken, erhöhe sich das Gewicht, das auf die Halswirbelsäule wirkt, auf 12 kg. Bei 60 Grad, jener Winkel, den wir beim Blick auf das Handy-Display ein-
nehmen, erhöhe sich der Druck auf bis zu 27 kg. Das sei mehr als das Gewicht eines Siebenjährigen, so Hansraj.
Klingt ganz schön viel. Hansraj ist nach eigenen Angaben der erste Forscher, der den Druck des Kopfes auf den Nacken berechnet hat, andere Studien lägen bislang nicht vor. Jürgen Harms, Wirbelsäulen-
chirurg am Heidelbeger Ethianum, hält die von Hansraj berechneten Zahlen jedoch für realistisch. "Aus früheren Studien wissen wir, dass der Druck, der auf die Lendenwirbelsäule wirkt, bei normaler Körper-
haltung etwa 80 kg beträgt. Bei einem Neigungswinkel von nur 10 Grad erhöht er sich schon auf 150 bis 180 kg". Er könne sich daher gut vorstellen, dass sich der Druck des Kopfes auf die Halswirbel-
säule ähnlich drastisch erhöht.

Die Abbildung zeigt, wie sich das Gewicht auf den Nacken erhöht, je stärker der Kopf geneigt wird.© Kenneth Hansraj/Surgical Technology International
 

Würde die natürliche Wirbelsäulenkurve durch die anhaltende Ge-
sicht-nach-unten-Position fortwährend verändert, führe dies zu Schädigungen und einer frühzeitigen Degeneration der Bandschei-
ben, die dann möglicherweise operiert werden müsste. "Degenera-
tion wird häufig mit Krankheit gleichgesetzt", sagt Herms. "Degeneration per se ist jedoch keine Erkrankung, sie geschieht in jedem Körper und zwar ab dem Tag der Geburt". Wer eine Stunde täglich aufs Smartphone hinabblickt, dem attestiert Herms gute Chancen für einen frühzeitigen Verschleiß der Bandscheiben.

Was also tun, um einem Handy-Nacken und damit verbundenen Hal-
tungsschäden entgegenzuwirken? Die Antwort ist simpel: Haltung bewahren. Von einer guten Haltung ist die Rede, wenn die Ohren auf einer Linie mit den Schultern lägen und die Schulterblätter wie "Engelsflügel" aufgestellt seien, so Hansraj. Dies sei die gesündeste Ausrichtung der Wirbelsäule - mit ihr könne eine Abnutzung oder Schädigung der Wirbelsäule klar verringert werden. Von ungesunder Haltung dagegen sprechen Experten, wenn der Kopf geneigt ist und die Schultern nach vorne eingefallen sind.

Die Haltung beeinflusst auch unsere Psyche

Für eine gute Haltung spricht nicht nur das Wohl unseres Rückgrats. Ein gerader Rücken lässt uns größer und laut diverser Studien auch attraktiver und selbstbewusster erscheinen. Wissenschaftler haben zudem belegt, dass sich ein aufrechter Gang auf unser psychisches Befinden auswirkt. Psychologen an der Universität Witten/Herdecke und der kanadischen Queen's University in Kingston haben heraus-
gefunden, dass Menschen, die aufrecht gehen, Ereignisse positiver deuten als jene, die die Schultern und Kopf hängen lassen. Eine schlechte Haltung, wie sie etwa auch häufig vor dem PC eingenom-
men wird, wird in Zusammenhang mit Kopf- und Nackenschmerzen, chronischen Rückenschmerzen, Verdauungsschwierigkeiten, De-
pressionen und Herzerkrankungen gebracht.

Ein weiterer Tipp, um den Körper beim Smartphone-Gebrauch zu schonen: Halten Sie das Gerät in verschiedenen Winkeln vor sich, mal weiter entfernt, mal auf Höhe der Augen - das entlastet Ihre Wirbelsäule und Halsmuskulatur sofort.

Mirja Hammer 

Quelle:


Mittwoch, 1. Oktober 2014

Marschbefehl ins Ungewisse


Eine außergewöhnliche Lebensgeschichte
von Ernst Albrecht

Ernst Albrecht, geboren 1926 in Rüstringen/Wilhelmshaven, hat in diesem Buch das Leben eines Mannes, der als Jugendlicher in den Strudel eines unmenschlichen Krieges gezogen wurde, dargestellt. Es ist sein Lebensweg, der dadurch entscheidend geprägt wurde.




Mit 78 Jahren schaut Ernst Albrecht zurück auf eine Zeit, die mit der Herrschaft des Nazi-Regimes einen dunklen Teil der deutschen Geschichte ausmacht. Tagebuchaufzeichnungen, Fotos und Schriftstücke aus seiner Arbeitsdienst- und Militärzeit dienten dazu, Stück für Stück immer mehr Erinnerungen aus der Vergangenheit zu erwecken. „Der Inhalt dieses Buches ist eigentlich nicht als eine Biographie gedacht. Will man jedoch über das Aufwachsen der Jugend während der zwanziger Jahre bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges berichten, so ist es unumgänglich, dies anhand der eigenen, erlebten Geschichte zu beschreiben.“ So beginnt Ernst Albrecht sein Vorwort zu seinem Buch „Marschbefehl ins Ungewisse“.

In einfachen Verhältnissen wächst er mit sieben Geschwistern in den verworrenen Zeiten vor 1933 und des Zweiten Weltkrieges in Wilhelmshaven auf. Obwohl seine Lehrzeit bei der Kriegsmarine-Werft im August 1943 offiziell noch nicht beendet ist, wird der 17jährige Elektromechaniker zum Reichsarbeitsdienst nach Achmer/Osnabrück einberufen, wo er bald als Ausbilder und Zugführer bei der RAD-Flak tätig ist. Ein Jahr später ruft das Militär, das ihn nach kurzer Zeit von Heide zur Offiziersschule nach Lübeck führt. Im März 1945 wird Ernst Albrecht zur Verteidigung nach Wilhelmshaven beordert - kommt dort allerdings nie an. Zunächst marschiert das gesamte Offiziersanwärter-Batallion tagelang auf Ostfrieslands einsamen, regennassen Straßen, so nah der Heimatstadt und doch unerreichbar.

Von Bremen aus bringt ein Zug das Batallion in das 300 km entfernte Roßlau. Ein hin- und hergeschobenes Kommando ohne Rast und Ruh soll den Menschen in Zerbst, Plötzky, Gommern sowie Elbenau, Grünewalde und Güterglück Hoffnung auf ein baldiges Ende des grausigen Krieges geben, der schon zu viele unschuldige Leben forderte. Nach ausweglosen Gefechten gerät Ernst Albrecht am 16. April 1945 in Güterglück in die Gefangenschaft der Amerikaner, die ihn in das gefürchtete Todeslager nach Rheinberg schaffen, wo er die Schrecken einer menschenunwürdigen Gefangenschaft kennen lernt, die er trotz Hunger, Ruhr und Erfrierungen knapp überlebt. Sechs Monate ist seine Familie im Ungewissen und bangt um sein Leben, bis es zum ersten schriftlichen Kontakt kommt. Attichy in Frankreich, Wuppertal, Schloss Neuhaus, Hardehausen und Lembeck sind weitere Stationen, bis Albrecht schließlich im völlig zerbombten Xanten am Niederrhein ankommt, wo er als Gefangener beim Sprengkommando täglich den Tod vor Augen hat. Auch hier ist sein Schicksal noch Jahre nach dem Kriegsende ungewiss.

Für Vogelliebhaber und Modellbauer ist Ernst Albrecht kein Unbekannter, hat der vielseitige Ingenieur und Architekt schon seit Jahrzehnten unzählige Berichte zur artgerechten Haltung von exotischen Vögeln sowie zum Bau von Modell-Segelyachten, insbesondere der Endeavour, dem Namen seines Selbstverlages, verfasst und in renommierten Fachzeitschriften veröffentlichen lassen. Als Autor des Werkes „Käfig- und Volierenbau, Praktische Anleitungen“ hat er sich bereits einen Namen gemacht. Seit über 50 Jahren wohnt Ernst Albrecht in Xanten.


Die Biografie des Ernst Albrecht ist zugleich die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Wie ein Mensch mit allen Tiefen und Abgründen, aber auch mit Glück und Erfolg fertig wird, das spiegelt dieses Werk wider. Ein unterhaltsames Buch, das dem Leser das Gefühl gibt „am Ball bleiben zu müssen“. Eine detaillierte Schilderung der privaten Erlebnisse der Jugend und der familiären Zusammenhänge, der Not, Ängste und Sorgen der Familie Albrecht, ohne sie dabei näher kennen zu müssen. Eine lebendige Rückschau auf 192 Seiten auf eine lange und schwere Zeit, geprägt von Ungewissheit und Verzweiflung.

Mittwoch, 3. September 2014

Keimschleuder Waschmaschine



Kochwäsche ist längst der Schonwäsche bei 30 Grad gewichen. Die niedrigen Temperaturen sparen Energie und Ressourcen. Doch der Fortschritt hat einen Haken: Im handwarmen Wasser überleben viele Keime. Sie können von einem Kleidungsstück auf das andere übertragen werden.

Düsseldorf - Die Waschmaschine als Keimschleuder - das ist kein fiktives Horrorszenario. Der Keim Staphylococcus aureus etwa hat nachweislich bereits den Weg durchs Wasserbad genommen. Familien, die gemeinsam ein Reinigungsgerät nutzten, zogen sich nacheinander jene Hautkrankheit zu, die der Keim bei geschwächten Menschen hervorruft. Saubere Wäsche machte sie krank. 

Auch bei anderen Infektionen verdächtigt man das Wäschewaschen: Beispielsweise breiten sich multiresistente Keime - Bakterien, die gegen handelsübliche Antibiotika widerstandsfähig geworden sind - außerhalb von Kliniken immer weiter aus. Sie werden mitunter über die Kleidung in Altersheime und Privathaushalte geschleppt, wie der Mikrobiologe Helmut Mucha von den Hohenstein Instituten in Bönnig-
heim vermutet. Die Bedeutung des Waschens im Vergleich zu an-
deren Übertragungswegen ist gleichwohl unklar.

Ausgesprochen hartnäckig verhalten sich Noroviren in der Wäsche-
trommel. Dies könnte ein Grund sein, weshalb Durchfallerkrankun-
gen mit Noroviren zunehmen. Vor diesem Hintergrund forderte das Robert-Koch-Institut in Berlin die Hohenstein-Institute dazu auf, einen Test zu entwickeln, der anzeigt, wie viele Viren einen Waschvorgang überstehen. Im Juni wurde ein entsprechendes Verfahren vorgestellt. Zunächst ist es für Reinigungsmittel für industrielle Wäschereien gedacht, die Textilien aus Krankenhäusern und Pflegeheimen desinfizieren müssen. 


Bazillen tummeln sich in Geschirrtüchern
 
"Sicher werden solche Tests eines Tages aber auch bei der Entwick-
lung von Haushaltswaschmitteln angewandt werden", ist Mucha überzeugt. "Der Trend geht dahin, für den Haushalt auch desinfizie-
rende Waschverfahren zu entwickeln. Die Hersteller wollen die Hygiene im Haushalt besser in den Griff bekommen - auch, weil wir künftig mehr ältere Menschen haben werden", erläutert er.

Verschiedene Studien belegen, dass bei 30 Grad Celsius die Zahl der Mikroben kaum sinkt, falls ein handelsübliches bleichmittelfreies Pulver benutzt wird. Selbst bei 40 Grad Celsius richtet man mit einem solchen Mittel nicht viel aus. So stellte Paul Terpstra von der hollän-
dischen Universität Wageningen fest, dass Staphylococcus aureus und Enterobakterien das milde Bad mühelos überstehen.

Besonders viele Bazillen tummelten sich in gewaschenen Windeln und Geschirrtüchern, während Socken und Stofftaschentücher im Vergleich dazu reiner waren. Besonders bedenklich: Die Kleinstlebe-
wesen können sich im Restwasser der leeren Maschine vermehren und bei der nächsten Nutzung auf die Wäsche übertragen werden. Nach einem Gang bei 60 Grad hängen immerhin zehn- bis hundert-
mal weniger Keime in der Wäsche als bei 40 Grad Celsius, wie Terpstra herausfand. Aber: "Sogar mit diesen Programmen bleiben die Textilien kontaminiert", hält er fest.

60 Grad reichen nicht bei allen Keimen
 
Dagegen wurden nahezu alle Keime abgetötet, wenn er Bleichmittel zugab oder ein bleichmittelhaltiges Waschpulver einfüllte. Je heißer es in der Lauge ist, desto besser wirken die Chemikalien. Hersteller wie die Düsseldorfer Firma Henkel arbeiten an der Entwicklung von Bleichmitteln, die schon bei niedrigen Temperaturen ihre maximale Wirksamkeit entfalten.
Terpstras Befunde werden von Experimenten an der Technischen Universität München untermauert. Auch dort verschwanden die meisten Keime aus den Textilien, nachdem sie bei 60 Grad Celsius mit bleichmittelhaltigen Reinigern traktiert worden waren. Allerdings erweisen sich der Darmpilz Candida albicans und der Schimmelpilz Aspergillus niger, der Asthma verstärken kann, als besonders widerstandsfähig.

Schon 2005 forderte das Bundesinstitut für Risikobewertung dazu auf, mit Mikroben belastete Textilien wie Putz- und Spültücher, aber auch Unterwäsche stets bei 60 Grad Celsius mit einem bleichmittel-
haltigen Mittel zu reinigen. Eine Kochprozedur sei dagegen im Allge-
meinen nicht erforderlich. Doch nur etwa ein Drittel der Menschen befolgen diesen Rat laut dem französischen Forschungszentrum Institut Pasteur. 

Ein Blick auf das Etikett von türkisfarbenen Pantys, rosa BHs und bunten Socken lehrt überdies, dass diese oftmals nur bei 30 Grad Celsius und schon gar nicht mit Bleichmittel gesäubert werden dürfen. Sonst verblassen die Farben. Insofern hat der Verbraucher - zugespitzt formuliert - die Wahl zwischen einem höheren Verschleiß an Textilien oder mikrobenreicher Unterwäsche.


Erkrankt eine Person, zum Beispiel an einer Grippe oder einem Fußpilz, sollten ihre Kleidungsstücke jedoch gesondert mit einem Vollwaschmittel bei 60 Grad in die Trommel gegeben werden. "Was viele vergessen: Nach jedem Waschen die Klappe und die Schub-
lade ganz öffnen, damit das Restwasser verdunsten kann", ergänzt Bockmühl. Ab und zu sollte man die Maschine bei hoher Temperatur mit einem bleichmittelhaltigen Reiniger leer laufen lassen, um Keime im Restwasser zu beseitigen.

Susanne Donner, ddp

Quelle und weitere Informationen:

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/30-grad-waesche-waschmaschine-wird-zur-keimschleuder-a-635549.html