Dienstag, 16. Dezember 2008

Nicht nur ein Sprengkommando in Hardehausen

Leseprobe aus dem Buch

Marschbefehl ins Ungewisse
von Ernst Albrecht


... Carepakete, wie sie die Bevölkerung der amerikanischen Zone bekam, gab es für diejenigen in der britischen, französischen und russischen Zone nicht. Es war allgemein bekannt, dass die Menschen in diesen Ländern selbst wenig zu essen hatten. Heute wird in den Medien alles zu sehr verallgemeinert. Die Masse der Menschen in Deutschland hatte damals kaum Nahrungsmittel.
Anmerkung:
Es stimmt genau so wenig, dass nach der Währungsreform im Juni 1948 auf einmal alles zu haben war. Noch fast ein Jahr wurden Lebensmittel auf Karten ausgegeben. Daran erinnere ich mich sehr gut, da ich gerade einen Monat nach der Währungsreform geheiratet hatte.

Glücklicherweise hatte ich vorerst noch die Möglichkeit, durch meine Freizeitarbeit bei Varlemann, meine Eltern und Geschwister zu unterstützen. Es ergab sich die Gelegenheit, dass mich mein Vater und auch meine Schwester Lotti einmal in Hardehausen besuchen konnten. Die Rückreise traten sie dann mit reichlich Proviant versehen an. Zwischendurch beauftragte Familie Varlemann mich, eine Munitionskiste voll mit Kartoffeln nach Hause zu schicken. Mit der Pferdekarre brachte ich die Kiste nach Scherfede-Rimbeck zum Bahnhof. Von dort ging die Sendung über Hamburg nach Wilhelmshaven und war fast zwei Wochen unterwegs.

Zwei Tage nach meiner Rückkehr aus dem Vorweihnachtsurlaub von zu Hause war „Heilig Abend“, das Weihnachtsfest. Im Kloster Hardehausen wurden wir von der Schwester Oberin zum Abendessen und zur Bescherung in den Speisesaal geladen. Der Saal war festlich geschmückt. Der Tischbereich, wo wir Soldaten zu Mittag saßen, war weihnachtlich gedeckt und an jedem Platz stand ein Paket auf dem Tisch. Ein kleiner Tannenzweig zierte jeden Karton. Bei weihnacht-
lichem Gesang und Klavierspiel wurden die Geschenke noch vor dem Abendessen geöffnet.
Diese Überraschung war gelungen, wir alle freuten uns sehr darüber. In meinem Karton fand ich Taschentücher, selbst gestrickte Strümpfe und ein paar Plätzchen. Später erfuhren wir, dass der Pastor in Scherfede in der vorausgegangenen Sonntagsmesse die Gemeinde gebeten hatte, etwas Weihnachtliches für die Soldaten im Kloster zu stiften. So dachte die Bevölkerung von Scherfede auch am heiligen Abend an uns. Vielen, vielen Dank!

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